Ich hatte es erzählt – ich bin erwischt worden.
Erwischt dabei, das Lieblingsbuch einer Leserin geschrieben zu haben. Ist doch toll, oder?
Ja … im Grunde schon. Aber ich hatte diese Identität abgestreift. Im Ernst: Das ging so weit, dass ich alle Bücher, die ich in Antiquariaten und auf den ganzen Seiten für gebrauchte Bücher gefunden habe, selbst gekauft habe. Ich hab ein paar davon vernichtet – im Ernst. Wer macht denn sowas?
Na komm, Liva … lüfte es … Lüfte dein Geheimnis, sagt da eine hässliche kleine Stimme. Ja – wie konnte die kleine Liva eigentlich schon früh von ihren Geschichten leben? In welchem Kultursegment hat schon immer Geld gesteckt?
Ja, genau, Männer. Pornografie.
Ich halte einen einsamen Rekord: Meine ersten Kurzgeschichten durfte ich nicht selbst kaufen, weil ich zu jung dafür war. Ich durfte sie eigenartigerweise schreiben und veröffentlichen – nur lesen durfte ich sie nicht. Also: Wenn man eine Geschickte mit reichlich Sex erwirbt, die sich ein anderer ausgedacht hat und dabei noch nicht erwachsen ist, macht man sich strafbar. Schreibt man sie, darf man damit Geld verdienen.
Ach … was soll’s?
Na ja – so also kam es, dass ich die kluge Entscheidung getroffen habe, mir ein Pseudonym zuzulegen. Und dann noch eins. Und dann habe ich auf der einen Seite knisternde Kurzgeschichten geschrieben – und auf der anderen Thriller. Und in dem gab es tatsächlich eine Figur namens Kasha Baranow, die ich mir Jahre später geklaut habe, weil sie damals schon irgendwie eine lässige Figur war, die ich sehr mochte. Ich habe die Figur tatsächlich fast vollständig in die Welt von Stella Nykvist treten lassen, wo sie gut hinpasst. Aber an das Buch von damals hatte ich länger nicht mehr gedacht.
Und dann habe ich es in die Hand genommen, in einem meiner gebraucht erworbenen eigenen Bücher meines anderen Ichs geblättert.
Was für ein Gefühl. Und die spannende Erfahrung: Die Geschichte, die ich vor vielen Jahren selbst verfasst hab, hat mich immer noch gefesselt. Mich! Dabei kenne ich die doch in- und auswendig …
Oder …? Ja – Ich habe hier und da gedacht: Oha – das ist ja eine kluge Wendung, die hattest du vergessen. Ist ja auch schon lange her. Und ein paar Sachen würde ich heute anders machen. Einiges ganz anders zu Papier bringen. Aber der Kern dieser Geschichte – er hat mich immer noch entzündet, mich gefesselt und gefangen genommen.
Und plötzlich sitzt du da und fragst dich: Willst du das nicht noch einmal aufleben lassen? Drei Bücher hatte ich damals geplant. Eines habe ich veröffentlicht, ein zweites geschrieben. Heute würde ich es anders machen. Ich würde mit dem zweiten anfangen, weil es die Geschichte logischer macht. Damals wusste ich das noch nicht. Aber heute … Ich könnte das!
Unter welchem Namen würde ich es veröffentlichen?
Dem meiner Jugend?
Ein Gedanke zu “Nackt! Splitterfasernackt! – Oder: Wer kennt Kasha Baranow? Teil II”